Mittwoch, 14.11.07
Am 14.11.07 machte sich die S3 (13. Klasse) um 7 Uhr morgens auf den Weg nach Berlin. Da unsere Stufe aus 86 Leuten besteht, waren wir gezwungen mit zwei Bussen zu fahren. Mit den Lehrerinnen Frau Dr. Stephan, Frau Otten, Frau Rudat und Frau Kürbs waren wir 90 Personen.
Nachdem auch die letzten SchülerInnen eintrafen, fuhren wir los. Wobei es in dem ersten Bus ziemlich laut zuging, wäre der zweite eher mit einem Rentnerausflug zu vergleichen, da so ziemlich jeder erst einmal schlief. Nach der ersten Pause stellte sich heraus, dass wir nicht besonders gut in der Zeit lagen, somit mussten wir, in Berlin angekommen, gleich zum Paul-Löbe-Haus anstatt erst mal in das Jugendhotel. Das Paul-Löbe-Haus ist ein Abgeordnetenhaus im Berliner Regierungsviertel. Es ist nach dem ehemaligen Reichstagspräsidenten Paul Löbe (SPD) benannt. Es fiel jedoch schwer zu entscheiden, was denn nun prachtvoller war: Das moderne Glasgebäude an sich oder die luxuriösen Autos mit ihren exklusiven Ausstattungen und den schick angezogen Chauffeuren, die vor dem Gebäude standen. Die Jungs entschieden sich natürlich für die Autos und benahmen sich wie Zoobesucher, indem sie die Autos samt Chauffeuren begafften. Die Chauffeure ließen sich genau wie Zootiere nicht davon stören. Als wir endlich alle 90 durch die Sicherheitsvorkehrungen gebracht hatten, ging es zum Essen in der Kantine. Auf dem Weg dorthin spürte man die kühle und bürokratische Atmosphäre, die das Gebäude und die Menschen dort ausstrahlten. Alle trugen Anzüge in schwarz oder in grau. Mit großem Hunger kamen wir an der Kantine an und konnten uns daraufhin zwischen Spaghetti Bolognese und Schnitzel mit Reis entscheiden. Wie erwartet war das Essen sehr lecker.
Nachdem wir uns gestärkt hatten, ging es zum ersten Gespräch mit Markus Weinberg. Der 40-Jährige CDU-Abgeordnete erschien sehr nett und seriös. Sein ganzes Auftreten war sehr positiv zu bewerten. Er stelle sich anfangs kurz vor, wobei er erwähnte, dass er vor seiner Amtszeit Lehrer an einer katholischen Haupt- und Realschule in Willhelmsburg war. Danach war er für Fragen offen, wodurch wir sehr viel über ihn und über seine politische Einstellung erfuhren, z.B. wie er zum Politiker geworden ist, seinen Standpunkt zur Wehrpflicht, seine Stellung zur Mediendemokratie und und und. Sobald man sich versah, war die Stunde auch schon um. Als wir SchülerInnen unser Berlinprogramm bekamen, stellten wir uns auf drei einschläfernde Tage ein. Jedoch irrten wir uns, denn Gespräche mit Politikern sind interessanter, als sie anfangs scheinen. Nach dieser etwas merkwürdigen, aber durchaus positiven Erfahrung gingen wir zum zweiten Programmpunkt über, der Bundestagssitzung im Plenarsaal. Um jedoch zu dieser Sitzung zu gelangen, mussten wir vom Paul-Löbe-Haus ins Bundestagsgebäude wechseln. Nachdem wir wieder alle durch die Sicherheitsvorkehrungen brachten, fuhren wir in den ersten Stock. Dort angekommen, erblickten wir einen gläsernen Raum mit vielen Kameras, in dem gerade eine „politische“ Diskussion stattfand. Anfangs hatten wir Bedenken, ob wir diese 60 Minuten geballte Politik aushalten würden, ohne dabei einzunicken. Aber diese Diskussion war besser als jeder Kinofilm und wäre bestimmt ein grandioses Theaterstück mit dem Titel „A Midsummer Nightmare“ gewesen. Man möge annehmen, dass Politiker erwachsen, gebildet und respektvoll sind. Aber nach dieser Diskussion schienen sie eher wie Kinder, die in einem Streitgespräch zu keinem vernünftigen Ergebnis kamen, da sie sich nicht aussprechen ließen, sich beleidigten und einige sogar Magazine lasen, anstatt sich zu beteiligen. Diejenigen, die sich beteiligten, konnten dies jedoch nicht ohne Beleidigungen. Es fielen Begriffe wie z.B. „linke Bazillen”. Die ganze Diskussion war ein einziges Durcheinander und eher mit einer Elefantenrunde im Kindergarten zu vergleichen. Die Stunde war schnell um und als wir aus dem Raum kamen, sahen alle sehr baff und schockiert aus. Das, was wir am wenigsten erwartet hatten, war eingetroffen und obwohl wir schockiert waren, waren wir glücklich darüber, dass unsere drei Tage in Berlin nicht so langweilig sein würden, wie viele es anfangs annahmen.
Der nächste Programmpunkt war der Besuch der Reichstagskuppel. Dank ihr war es uns möglich den vorherigen Schock zu verarbeiten, wenn nicht sogar zu verdrängen. Denn die Aussicht, die man von der Kuppel bekam, war einzigartig und besonders schön, weil es bereits schon dunkel war.
Leider war es nicht nur dunkel, sondern auch kalt und es fing an zu regnen. Somit gingen wir nach unserem kurzen Kuppelbesuch zum letzten Programmpunkt über und zwar zum Gespräch mit Norman Paech (Die Linke). Der 69-jährige gelernte Jurist, der aufgrund der Zustimmung seiner Partei (SPD) zum Afghanistaneinsatz zu den Linken wechselte, erschien sehr ruhig und professionell. Er war keineswegs aufgeregt und gab uns seine Meinung klar wider. Jedoch fehlte uns SchülerInnen ein bisschen mehr Elan und Begeisterung, wie es Markus Weinberg präsentiert hatte. Herr Paech erzählte uns etwas über seine Person und beschrieb uns seinen stressigen Tagesablauf. Danach war er für Fragen offen wie z.B. zu seiner Meinung zur Einheitsschule, ob seine Partei überhaupt koalitionswillig sei und ob er versuche sich in den Medien zu repräsentieren. Auf viele dieser Fragen gab er klare Antworten, jedoch entwich er auch einigen geschickt. Und ehe man sich versah, war die Stunde auch schon um. Fazit dieser Gespräche: Politiker sind Künstler. Sie beherrschen die Kunst des Redens wie ein Musiker sein Instrument. Viele SchülerInnen waren nach den Gesprächen sehr verwirrt, da sie von jedem Politiker am Ende überzeugt waren. Aber wir hatten ja noch einen weiteren Tag mit drei anderen Abgeordneten. Der erste Tag war so gut wie zu Ende. Nach dem letzten Gespräch mit Norman Paech fuhren wir dann endlich zum Jugendhotel.
Donnerstag, 15.11.07
An diesem Tag hatten wir die Möglichkeit uns Berlin anzusehen, bevor wir die Gespräche mit den Abgeordneten hatten. Die Lehrerinnen gaben uns die Möglichkeit, die kulturellen Aspekte Berlins anzuschauen, dabei stand es uns zur freien Auswahl, was wir besuchen wollten. Einige gingen u.a. zur Gedenkstätte der ermordeten Juden Europas, zum Checkpoint Charlie (einer der bekanntesten Berliner Grenzübergänge zwischen 1945 und 1990) oder zum Jüdischen Museum. Das Gute daran war, dass die gesamte Stufe in Gruppen aufgeteilt war. Danach konnten wir auch ohne die Lehrerinnen z.B. einkaufen gehen, ins Café oder einfach die Stadt angucken. Die Hauptsache war, dass alle um 13:30 Uhr vor dem Paul-Löbe-Haus standen. Bis auf ein paar Schülerinnen schafften das auch alle, wobei man erwähnen muss dass die Berliner nicht alle sagen konnten, wo sich das Paul-Löbe-Haus befindet. Außerdem ist noch zu erwähnen, dass die Busfahrkarten teurer als in Hamburg sind, was ärgerlich war. Bei dem kalten Wetter haben sich alle gefreut, wieder ins warme Haus zu gehen, aber zuerst mussten wir durch die Sicherheitskontrollen.
Obwohl die Gespräche vom vorherigen Tag interessant waren, hatten die meisten befürchtet, dass es dieses Mal wirklich langweilig werden könnte. Das lag eher daran, dass wir drei Gespräche hintereinander vor uns hatten. Die Gespräche hatten wir mit Krista Sager (Bündnis 90/Die Grünen), Olaf Scholz (SPD) und Burkhardt Müller-Sönksen (FDP) und diese sollten jeweils eine Stunde dauern. Das erste Gespräch hatten wir mit Krista Sager, die einige Minuten später kam und weshalb ihre Mitarbeiterin uns am Anfang erst mal sich selbst vorgestellt und uns biographische Informationen über Krista Sager gab. Sie erklärte uns außerdem, dass eine namentliche Abstimmung der Grund für ihre Verspätung sei. Dieses Mal leitete einer der Schüler das Gespräch, was bedeutete, dass dieser Schüler darauf achten musste, dass diejenigen, die sich meldeten, um Fragen zu stellen, nach der Reihenfolge rankamen. Nachdem Krista Sager uns selbst begrüßte, erzählte sie, dass es sich bei der namentlichen Abstimmung um die Mandatsverlängerung in Afghanistan ging. Die erste Frage bezog sich natürlich auf die namentliche Abstimmung und sie äußerte sich gegen die Mandatsverlängerung. Es wurden auch Fragen über Mediendemokratie gestellt, da alle Kurse dieses Thema gerade hatten. Es wurden u.a. auch Fragen, die die Schulform und Studiengebühren betrafen, gestellt. Außerdem erklärte sie uns, dass es sich bei der schockierenden Sitzung im Plenarsaal des Bundestages von Mittwoch um die ,,aktuelle Stunde” handelte. Da ginge es immer so zu, weil es die Möglichkeit für die Politiker sei sich auszutoben. Bei sonstigen Debatten würden sie viel respektvoller und erwachsener miteinander umgehen. Diese Tatsache schien die meisten zu beruhigen. Das zweite Gespräch hatten wir mit Olaf Scholz von der SPD. Auch er kam von der namentlichen Abstimmung und war deshalb einige Minuten zu spät. Anfangs erzählte er von sich und seiner politischen Laufbahn und antwortete danach die an ihn gestellten Fragen. Um einen Vergleich herzustellen, wurden auch ihm ähnliche Fragen wie Krista Sager und den anderen Abgeordneten gestellt. Olaf Scholz stimmte z.B. im Gegensatz zu Krista Sager für den Einsatz in Afghanistan. Es stellte sich am Ende heraus, dass Olaf Scholz mit Markus Weinberg am sympathischsten wirkte. Die Verspätung von Burkhardt Müller-Sönksen, aufgrund der namentlichen Abstimmung, war die längste, weshalb das Gespräch mit ihm am kürzesten war. Allgemein betrachtet war es anstrengend die drei Gespräche hintereinander zu haben. Das hätte vielleicht verhindert werden können, wenn es möglich gewesen wäre zwischen den Gesprächen längere Pausen zu haben. Trotz der Erschöpfung hatten wir viele Fragen, die nicht mehr beantwortet, geschweige denn gestellt werden konnten.
Erschöpft fuhren wir um 18:15 Uhr mit unseren Bussen zurück zum Jugendhotel. Wie am Tag zuvor hat uns das Essen sehr gefallen. Einige waren müde und nahmen sich die Lehrerinnen als Beispiel und gingen gleich schlafen. Andere gingen noch weg, um Cocktails trinken zu gehen oder gingen in Berliner Diskos feiern.
Freitag, 16.11.07
An diesen Tag bestand das Programm nur aus dem Besuch im Bundesrat. Um 8:30 Uhr fuhren wir schon los. Die Stufe wurde in zwei Gruppen geteilt, da wir zu viele waren. Wir hatten zwei Besuchstermine. Die beiden GMK Grundkurse von Frau Otten bildeten die erste Gruppe während der GMK Leistungskurs von Frau Dr. Stephan und Frau Rudats Grundkurs die zweite Gruppe bildeten. Die erste Gruppe hatte ihren Termin ungefähr bis 10:30 Uhr und die anderen konnten, wenn ihnen der Donnerstag nicht gereicht hatte, sich Berlin noch einmal anschauen. Um 11:00 Uhr hatte die zweite Gruppe ihren Termin und als erstes wurden wir, nachdem wir unsere Jacken und Taschen in einem Raum verstaut hatten, in eine Halle geführt, wo die Führerin uns die Geschichte des Bundesrats erzählte. Außerdem wurden wir in den Plenarsaal geführt, wo uns einige Daten über den Bundesrat gegeben wurden. Bei Gesetzesvorschlägen kann der Bundesrat mitbestimmen. Die Bundesregierung, der Bundestag und der Bundesrat können Gesetzesvorschläge machen. In der Regel macht die Bundesregierung die meisten Gesetzesvorschläge. Es gibt Gesetze, bei denen der Bundesrat zustimmen muss um verabschiedet zu werden. Diese Gesetze werden Zustimmungsgesetze genannt. Wir sollten uns für einen Gesetzesvorschlag entscheiden, weil wir eine Bundesratssitzung nachstellen sollten. Wir entschieden uns für das Tempolimit von 130 km/h auf deutschen Autobahnen, weil das ein aktuelles Thema war. Die SPD forderte bei ihrem Parteitag in Hamburg dieses Tempolimit und schloss sich damit den Forderungen von Umweltverbänden sowie der Grünen an. Um eine Bundesratssitzung nachzustellen, brauchten wir Personen, die den Präsidenten und die Bundesregierung darstellten. Der Rest des Kurses stellte die Vertreter der Bundesländer dar.
Die Nachstellung fand aber nicht im richtigen Plenarsaal statt, sondern in einem anderen Raum, der ähnlich gestaltet war. Wir setzten uns dann alle an Tische, auf denen Mappen mit jeweils einem Abstimmungszettel lagen. Da der Präsident die Sitzung leitete, begrüßte er erstmal die Anwesenden und rief als erstes die Bundesregierung auf, um ihren Gesetzesentwurf vorzustellen. Danach rief der Präsident die einzelnen Bundesländer auf, es sei denn sie meldeten sich freiwillig, um ihre Position am Rednerpult zum Gesetzesvorschlag zu schildern. Es kostete einigen Überwindung vor den ganzen Schülern und den Lehrerinnen zu stehen und zu reden, aber es stellte sich heraus, dass es sogar Spaß machte. Bis auf ein paar SchülerInnen schien sich jeder in seiner Rolle wohl zu fühlen, am meisten der Präsident. Zuletzt erfolgte die Abstimmung und der Gesetzesvorschlag wurde mit einer Zweidrittelmehrheit abgelehnt. Am Ende erhielt jeder einen Comic über Gesetzesvorschläge im Bundesrat, Broschüren über den Bundesrat, die Mappen mit den Abstimmungszetteln und ein Computerspiel als Geschenke. Um 13:00 Uhr fuhren wir mit dem Rentner- und Partybus – bis auf einige Schülern, die das Wochenende in Berlin noch feiern wollten – zurück nach Hamburg.
Bewertung Berlinreise 2007
Stiftung Schülertest bewertet die Berlinreise 2007 mit: GUT
Die Berlinreise der S3 war viel interessanter als erwartet. Wir haben viele neue Eindrücke gewonnen über die Regierung, Politiker und ihre Tätigkeiten. Durch das Rollenspiel im Bundesrat wurde es uns ermöglicht, uns in die Lage eines Politikers zu versetzen. Es war klar und deutlich zu spüren, dass die Sprache und das Auftreten eines Politikers manchmal einen tieferen Eindruck hinterlassen als der Inhalt selbst.
Obwohl das Jugendhotel etwas abgelegen war, boten uns die Lehrerinnen Freizeitangebote an, damit wir Berlin erkundigen konnten, wobei die Interessen von vielen SchülerInnen abgedeckt werden konnten.
Das Programm, das anfangs so aussah, als müsse man zehn statt drei Tage dafür einplanen, war genau richtig. Denn aufgrund des strammen Programms entstand wenig Leerlauf und wir Schüler kamen auf keine dummen Ideen. Darüber hinaus war es sehr sinnvoll, die Halbpension zu haben. Denn das Essen war sehr lecker und man konnte sich auch Nachschlag holen. Alles in allem war die Berlinreise ein voller Erfolg. Wir hatten nicht nur Spaß, sondern auch einen hohen Lerneffekt, denn es sind nicht viele Schüler, die sich mit Politik beschäftigen und durch diese Reise konnte ihnen Politik etwas näher gebracht werden. Somit wäre nur noch zu sagen, dass diese eine sehr sinnvolle Reise ist und noch lange Zeit beibehalten werden sollte.
Der einzige Makel waren die eisigen Temperaturen, also an alle unsere Nachfolger: Zieht euch warm an!!!
(Malika Menezes & Claudia Kral, S3, Gmk-LK)
Mittwoch, 14.11.07
Am 14.11.07 machte sich die S3 (13. Klasse) um 7 Uhr morgens auf den Weg nach Berlin. Da unsere Stufe aus 86 Leuten besteht, waren wir gezwungen mit zwei Bussen zu fahren. Mit den Lehrerinnen Frau Dr. Stephan, Frau Otten, Frau Rudat und Frau Kürbs waren wir 90 Personen.
Nachdem auch die letzten SchülerInnen eintrafen, fuhren wir los. Wobei es in dem ersten Bus ziemlich laut zuging, wäre der zweite eher mit einem Rentnerausflug zu vergleichen, da so ziemlich jeder erst einmal schlief. Nach der ersten Pause stellte sich heraus, dass wir nicht besonders gut in der Zeit lagen, somit mussten wir, in Berlin angekommen, gleich zum Paul-Löbe-Haus anstatt erst mal in das Jugendhotel. Das Paul-Löbe-Haus ist ein Abgeordnetenhaus im Berliner Regierungsviertel. Es ist nach dem ehemaligen Reichstagspräsidenten Paul Löbe (SPD) benannt. Es fiel jedoch schwer zu entscheiden, was denn nun prachtvoller war: Das moderne Glasgebäude an sich oder die luxuriösen Autos mit ihren exklusiven Ausstattungen und den schick angezogen Chauffeuren, die vor dem Gebäude standen. Die Jungs entschieden sich natürlich für die Autos und benahmen sich wie Zoobesucher, indem sie die Autos samt Chauffeuren begafften. Die Chauffeure ließen sich genau wie Zootiere nicht davon stören. Als wir endlich alle 90 durch die Sicherheitsvorkehrungen gebracht hatten, ging es zum Essen in der Kantine. Auf dem Weg dorthin spürte man die kühle und bürokratische Atmosphäre, die das Gebäude und die Menschen dort ausstrahlten. Alle trugen Anzüge in schwarz oder in grau. Mit großem Hunger kamen wir an der Kantine an und konnten uns daraufhin zwischen Spaghetti Bolognese und Schnitzel mit Reis entscheiden. Wie erwartet war das Essen sehr lecker.
Nachdem wir uns gestärkt hatten, ging es zum ersten Gespräch mit Markus Weinberg. Der 40-Jährige CDU-Abgeordnete erschien sehr nett und seriös. Sein ganzes Auftreten war sehr positiv zu bewerten. Er stelle sich anfangs kurz vor, wobei er erwähnte, dass er vor seiner Amtszeit Lehrer an einer katholischen Haupt- und Realschule in Willhelmsburg war. Danach war er für Fragen offen, wodurch wir sehr viel über ihn und über seine politische Einstellung erfuhren, z.B. wie er zum Politiker geworden ist, seinen Standpunkt zur Wehrpflicht, seine Stellung zur Mediendemokratie und und und. Sobald man sich versah, war die Stunde auch schon um. Als wir SchülerInnen unser Berlinprogramm bekamen, stellten wir uns auf drei einschläfernde Tage ein. Jedoch irrten wir uns, denn Gespräche mit Politikern sind interessanter, als sie anfangs scheinen. Nach dieser etwas merkwürdigen, aber durchaus positiven Erfahrung gingen wir zum zweiten Programmpunkt über, der Bundestagssitzung im Plenarsaal. Um jedoch zu dieser Sitzung zu gelangen, mussten wir vom Paul-Löbe-Haus ins Bundestagsgebäude wechseln. Nachdem wir wieder alle durch die Sicherheitsvorkehrungen brachten, fuhren wir in den ersten Stock. Dort angekommen, erblickten wir einen gläsernen Raum mit vielen Kameras, in dem gerade eine „politische“ Diskussion stattfand. Anfangs hatten wir Bedenken, ob wir diese 60 Minuten geballte Politik aushalten würden, ohne dabei einzunicken. Aber diese Diskussion war besser als jeder Kinofilm und wäre bestimmt ein grandioses Theaterstück mit dem Titel „A Midsummer Nightmare“ gewesen. Man möge annehmen, dass Politiker erwachsen, gebildet und respektvoll sind. Aber nach dieser Diskussion schienen sie eher wie Kinder, die in einem Streitgespräch zu keinem vernünftigen Ergebnis kamen, da sie sich nicht aussprechen ließen, sich beleidigten und einige sogar Magazine lasen, anstatt sich zu beteiligen. Diejenigen, die sich beteiligten, konnten dies jedoch nicht ohne Beleidigungen. Es fielen Begriffe wie z.B. „linke Bazillen”. Die ganze Diskussion war ein einziges Durcheinander und eher mit einer Elefantenrunde im Kindergarten zu vergleichen. Die Stunde war schnell um und als wir aus dem Raum kamen, sahen alle sehr baff und schockiert aus. Das, was wir am wenigsten erwartet hatten, war eingetroffen und obwohl wir schockiert waren, waren wir glücklich darüber, dass unsere drei Tage in Berlin nicht so langweilig sein würden, wie viele es anfangs annahmen.
Der nächste Programmpunkt war der Besuch der Reichstagskuppel. Dank ihr war es uns möglich den vorherigen Schock zu verarbeiten, wenn nicht sogar zu verdrängen. Denn die Aussicht, die man von der Kuppel bekam, war einzigartig und besonders schön, weil es bereits schon dunkel war.
Leider war es nicht nur dunkel, sondern auch kalt und es fing an zu regnen. Somit gingen wir nach unserem kurzen Kuppelbesuch zum letzten Programmpunkt über und zwar zum Gespräch mit Norman Paech (Die Linke). Der 69-jährige gelernte Jurist, der aufgrund der Zustimmung seiner Partei (SPD) zum Afghanistaneinsatz zu den Linken wechselte, erschien sehr ruhig und professionell. Er war keineswegs aufgeregt und gab uns seine Meinung klar wider. Jedoch fehlte uns SchülerInnen ein bisschen mehr Elan und Begeisterung, wie es Markus Weinberg präsentiert hatte. Herr Paech erzählte uns etwas über seine Person und beschrieb uns seinen stressigen Tagesablauf. Danach war er für Fragen offen wie z.B. zu seiner Meinung zur Einheitsschule, ob seine Partei überhaupt koalitionswillig sei und ob er versuche sich in den Medien zu repräsentieren. Auf viele dieser Fragen gab er klare Antworten, jedoch entwich er auch einigen geschickt. Und ehe man sich versah, war die Stunde auch schon um. Fazit dieser Gespräche: Politiker sind Künstler. Sie beherrschen die Kunst des Redens wie ein Musiker sein Instrument. Viele SchülerInnen waren nach den Gesprächen sehr verwirrt, da sie von jedem Politiker am Ende überzeugt waren. Aber wir hatten ja noch einen weiteren Tag mit drei anderen Abgeordneten. Der erste Tag war so gut wie zu Ende. Nach dem letzten Gespräch mit Norman Paech fuhren wir dann endlich zum Jugendhotel.
Donnerstag, 15.11.07
An diesem Tag hatten wir die Möglichkeit uns Berlin anzusehen, bevor wir die Gespräche mit den Abgeordneten hatten. Die Lehrerinnen gaben uns die Möglichkeit, die kulturellen Aspekte Berlins anzuschauen, dabei stand es uns zur freien Auswahl, was wir besuchen wollten. Einige gingen u.a. zur Gedenkstätte der ermordeten Juden Europas, zum Checkpoint Charlie (einer der bekanntesten Berliner Grenzübergänge zwischen 1945 und 1990) oder zum Jüdischen Museum. Das Gute daran war, dass die gesamte Stufe in Gruppen aufgeteilt war. Danach konnten wir auch ohne die Lehrerinnen z.B. einkaufen gehen, ins Café oder einfach die Stadt angucken. Die Hauptsache war, dass alle um 13:30 Uhr vor dem Paul-Löbe-Haus standen. Bis auf ein paar Schülerinnen schafften das auch alle, wobei man erwähnen muss dass die Berliner nicht alle sagen konnten, wo sich das Paul-Löbe-Haus befindet. Außerdem ist noch zu erwähnen, dass die Busfahrkarten teurer als in Hamburg sind, was ärgerlich war. Bei dem kalten Wetter haben sich alle gefreut, wieder ins warme Haus zu gehen, aber zuerst mussten wir durch die Sicherheitskontrollen.
Obwohl die Gespräche vom vorherigen Tag interessant waren, hatten die meisten befürchtet, dass es dieses Mal wirklich langweilig werden könnte. Das lag eher daran, dass wir drei Gespräche hintereinander vor uns hatten. Die Gespräche hatten wir mit Krista Sager (Bündnis 90/Die Grünen), Olaf Scholz (SPD) und Burkhardt Müller-Sönksen (FDP) und diese sollten jeweils eine Stunde dauern. Das erste Gespräch hatten wir mit Krista Sager, die einige Minuten später kam und weshalb ihre Mitarbeiterin uns am Anfang erst mal sich selbst vorgestellt und uns biographische Informationen über Krista Sager gab. Sie erklärte uns außerdem, dass eine namentliche Abstimmung der Grund für ihre Verspätung sei. Dieses Mal leitete einer der Schüler das Gespräch, was bedeutete, dass dieser Schüler darauf achten musste, dass diejenigen, die sich meldeten, um Fragen zu stellen, nach der Reihenfolge rankamen. Nachdem Krista Sager uns selbst begrüßte, erzählte sie, dass es sich bei der namentlichen Abstimmung um die Mandatsverlängerung in Afghanistan ging. Die erste Frage bezog sich natürlich auf die namentliche Abstimmung und sie äußerte sich gegen die Mandatsverlängerung. Es wurden auch Fragen über Mediendemokratie gestellt, da alle Kurse dieses Thema gerade hatten. Es wurden u.a. auch Fragen, die die Schulform und Studiengebühren betrafen, gestellt. Außerdem erklärte sie uns, dass es sich bei der schockierenden Sitzung im Plenarsaal des Bundestages von Mittwoch um die ,,aktuelle Stunde” handelte. Da ginge es immer so zu, weil es die Möglichkeit für die Politiker sei sich auszutoben. Bei sonstigen Debatten würden sie viel respektvoller und erwachsener miteinander umgehen. Diese Tatsache schien die meisten zu beruhigen. Das zweite Gespräch hatten wir mit Olaf Scholz von der SPD. Auch er kam von der namentlichen Abstimmung und war deshalb einige Minuten zu spät. Anfangs erzählte er von sich und seiner politischen Laufbahn und antwortete danach die an ihn gestellten Fragen. Um einen Vergleich herzustellen, wurden auch ihm ähnliche Fragen wie Krista Sager und den anderen Abgeordneten gestellt. Olaf Scholz stimmte z.B. im Gegensatz zu Krista Sager für den Einsatz in Afghanistan. Es stellte sich am Ende heraus, dass Olaf Scholz mit Markus Weinberg am sympathischsten wirkte. Die Verspätung von Burkhardt Müller-Sönksen, aufgrund der namentlichen Abstimmung, war die längste, weshalb das Gespräch mit ihm am kürzesten war. Allgemein betrachtet war es anstrengend die drei Gespräche hintereinander zu haben. Das hätte vielleicht verhindert werden können, wenn es möglich gewesen wäre zwischen den Gesprächen längere Pausen zu haben. Trotz der Erschöpfung hatten wir viele Fragen, die nicht mehr beantwortet, geschweige denn gestellt werden konnten.
Erschöpft fuhren wir um 18:15 Uhr mit unseren Bussen zurück zum Jugendhotel. Wie am Tag zuvor hat uns das Essen sehr gefallen. Einige waren müde und nahmen sich die Lehrerinnen als Beispiel und gingen gleich schlafen. Andere gingen noch weg, um Cocktails trinken zu gehen oder gingen in Berliner Diskos feiern.
Freitag, 16.11.07
An diesen Tag bestand das Programm nur aus dem Besuch im Bundesrat. Um 8:30 Uhr fuhren wir schon los. Die Stufe wurde in zwei Gruppen geteilt, da wir zu viele waren. Wir hatten zwei Besuchstermine. Die beiden GMK Grundkurse von Frau Otten bildeten die erste Gruppe während der GMK Leistungskurs von Frau Dr. Stephan und Frau Rudats Grundkurs die zweite Gruppe bildeten. Die erste Gruppe hatte ihren Termin ungefähr bis 10:30 Uhr und die anderen konnten, wenn ihnen der Donnerstag nicht gereicht hatte, sich Berlin noch einmal anschauen. Um 11:00 Uhr hatte die zweite Gruppe ihren Termin und als erstes wurden wir, nachdem wir unsere Jacken und Taschen in einem Raum verstaut hatten, in eine Halle geführt, wo die Führerin uns die Geschichte des Bundesrats erzählte. Außerdem wurden wir in den Plenarsaal geführt, wo uns einige Daten über den Bundesrat gegeben wurden. Bei Gesetzesvorschlägen kann der Bundesrat mitbestimmen. Die Bundesregierung, der Bundestag und der Bundesrat können Gesetzesvorschläge machen. In der Regel macht die Bundesregierung die meisten Gesetzesvorschläge. Es gibt Gesetze, bei denen der Bundesrat zustimmen muss um verabschiedet zu werden. Diese Gesetze werden Zustimmungsgesetze genannt. Wir sollten uns für einen Gesetzesvorschlag entscheiden, weil wir eine Bundesratssitzung nachstellen sollten. Wir entschieden uns für das Tempolimit von 130 km/h auf deutschen Autobahnen, weil das ein aktuelles Thema war. Die SPD forderte bei ihrem Parteitag in Hamburg dieses Tempolimit und schloss sich damit den Forderungen von Umweltverbänden sowie der Grünen an. Um eine Bundesratssitzung nachzustellen, brauchten wir Personen, die den Präsidenten und die Bundesregierung darstellten. Der Rest des Kurses stellte die Vertreter der Bundesländer dar.
Die Nachstellung fand aber nicht im richtigen Plenarsaal statt, sondern in einem anderen Raum, der ähnlich gestaltet war. Wir setzten uns dann alle an Tische, auf denen Mappen mit jeweils einem Abstimmungszettel lagen. Da der Präsident die Sitzung leitete, begrüßte er erstmal die Anwesenden und rief als erstes die Bundesregierung auf, um ihren Gesetzesentwurf vorzustellen. Danach rief der Präsident die einzelnen Bundesländer auf, es sei denn sie meldeten sich freiwillig, um ihre Position am Rednerpult zum Gesetzesvorschlag zu schildern. Es kostete einigen Überwindung vor den ganzen Schülern und den Lehrerinnen zu stehen und zu reden, aber es stellte sich heraus, dass es sogar Spaß machte. Bis auf ein paar SchülerInnen schien sich jeder in seiner Rolle wohl zu fühlen, am meisten der Präsident. Zuletzt erfolgte die Abstimmung und der Gesetzesvorschlag wurde mit einer Zweidrittelmehrheit abgelehnt. Am Ende erhielt jeder einen Comic über Gesetzesvorschläge im Bundesrat, Broschüren über den Bundesrat, die Mappen mit den Abstimmungszetteln und ein Computerspiel als Geschenke. Um 13:00 Uhr fuhren wir mit dem Rentner- und Partybus – bis auf einige Schülern, die das Wochenende in Berlin noch feiern wollten – zurück nach Hamburg.
Bewertung Berlinreise 2007
Stiftung Schülertest bewertet die Berlinreise 2007 mit: GUT
Die Berlinreise der S3 war viel interessanter als erwartet. Wir haben viele neue Eindrücke gewonnen über die Regierung, Politiker und ihre Tätigkeiten. Durch das Rollenspiel im Bundesrat wurde es uns ermöglicht, uns in die Lage eines Politikers zu versetzen. Es war klar und deutlich zu spüren, dass die Sprache und das Auftreten eines Politikers manchmal einen tieferen Eindruck hinterlassen als der Inhalt selbst.
Obwohl das Jugendhotel etwas abgelegen war, boten uns die Lehrerinnen Freizeitangebote an, damit wir Berlin erkundigen konnten, wobei die Interessen von vielen SchülerInnen abgedeckt werden konnten.
Das Programm, das anfangs so aussah, als müsse man zehn statt drei Tage dafür einplanen, war genau richtig. Denn aufgrund des strammen Programms entstand wenig Leerlauf und wir Schüler kamen auf keine dummen Ideen. Darüber hinaus war es sehr sinnvoll, die Halbpension zu haben. Denn das Essen war sehr lecker und man konnte sich auch Nachschlag holen. Alles in allem war die Berlinreise ein voller Erfolg. Wir hatten nicht nur Spaß, sondern auch einen hohen Lerneffekt, denn es sind nicht viele Schüler, die sich mit Politik beschäftigen und durch diese Reise konnte ihnen Politik etwas näher gebracht werden. Somit wäre nur noch zu sagen, dass diese eine sehr sinnvolle Reise ist und noch lange Zeit beibehalten werden sollte.
Der einzige Makel waren die eisigen Temperaturen, also an alle unsere Nachfolger: Zieht euch warm an!!!
(Malika Menezes & Claudia Kral, S3, Gmk-LK)